Das urbane Leben – wissenschaftlich betrachtet

Mit der Stadt als soziales Gebilde beschäftigt sich die Urbanistik. Sie analysiert die unterschiedlichen und oft auch gegenläufigen Entwicklungen der Städte: Urbanisierung, Suburbanisierung, Desurbanisierung und Reurbanisierung.

Dabei werden auch die Folgen von wirtschaftlichen Veränderungen in der Stadt untersucht. Dafür wurde auf Initiative des Deutschen Städtetags das Deutsche Institut für Urbanistik (DIFU) gegründet. Es ist nach eigenen Angaben mittlerweile das größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum.

“Das Deutsche Institut für Urbanistik versteht Städte als kulturellen Ausdruck der in ihnen lebenden Menschen. Das Difu sieht sich in der Tradition der europäischen Stadt. Es trägt durch seine Arbeit zu einem demokratisch verfassten Gemeinwesen sowie zur Stärkung der lokalen Demokratie bei. Ein funktionierendes Gemeinwesen ist Voraussetzung für eine sozial gerechte Verteilung von Lebenschancen, ressourcenschonende Wirtschaftsweisen und den Schutz der natürlichen Umwelt.”

(aus dem Selbstverständnis des Deutschen Instituts für Urbanistik)

Studien zur Veränderung der lokalen Ökonomie

So untersuchte DIFU z.B. die Nahversorgung in Mittel- und Großstädten. Diese hat sich über die letzten 40 Jahre insbesondere durch Discounter und Supermärkte in Ortsrandlagen stark verändert:

“In Großstädten werden zwar noch rund 90 Prozent der Einwohner ausreichend versorgt, in manchen kleinen Mittelstädten ist jedoch nur noch für 50 Prozent der Einwohner ein Supermarkt oder Lebensmittel-Discounter fußläufig erreichbar.”

innerstaedtische-Einkaufszentren-150x150Das Institut gibt auch konkrete Handlungsempfehlungen für Städte, so “Zum Umgang mit großen innerstädtischen Einkaufszentren”. In der Broschüre werden die Risiken von Peripheriekonzepten und Monokulturen in den Innenstädten und deren negativen Auswirkungen auf den öffentlichen Raum der Stadt klar benannt:

“Deren Großmaßstäblichkeit und monostrukturelle Verarmung steht in
einem krassen Widerspruch zum Wunsch nach einer Revitalisierung der innerstädtischen Hauptgeschäftsbereiche.”

(Seite 25, “Zum Umgang mit großen innerstädtischen Einkaufszentren”)

soziale-stadt-150x148Das Programm „Soziale Stadt“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) und der Länder untersuchte die “Abwärtsspirale benachteiligter Stadtteile” und förderte bis 2011 Modellvorhaben in verschiedenen Städten. Auch in diesem Projekt wurde die besondere Bedeutung der lokalen Ökonomie, ihre Probleme und Potenziale untersucht.

Alle diese Studien bestätigen den direkten Zusammenhang zwischen einer lebendigen lokalen Ökonomie mit möglichst vielen unterschiedlichen Beteiligten und einem intaktem Sozialumfeld.

5703166453_668f5ea921Auswirkungen des E-Commerce auf die lokale Ökonomie

Interessanterweise wurde das Thema E-Commerce und mögliche Auswirkungen auf die Stadtentwicklung bereits 2003(!) in einem Forschungsprojekt mit dem Titel “Online-Shopping und Stadtentwicklung – Trends, Auswirkungen und Strategien” untersucht. Eine Strategieempfehlung war damals:

“Kompetenzförderung und Sensibilisierung: Kleine und mittlere lokale Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe müssen Kompetenzen im Zusammenhang mit den Möglichkeiten des Internet entwickeln.”

Heute, fast 10 Jahre später, sind die Schwierigkeiten kleiner Unternehmen im Umgang mit dem Internet noch immer deutlich spürbar. Die Dynamik des Internet und die Vielfältigkeit angebotener Dienste hat sich dabei in der Zwischenzeit noch deutlich vergrößert. Das Internet ist heute viel stärker als 2003 in den Alltag integriert. Durch die gleichzeitig gewachsenen Anforderungen der Anwender ist der Einstieg für Kleinunternehmer dennoch nicht einfacher geworden. Eine nutzerzentrierte Entwicklung – siehe auch unser Projekt on2off – hat gute Chancen, dies nachhaltig zu ändern.

Studium in Urbanistik

Urbanistik wird auch an der TU München (unserer EXIST Universität) am Institut ESL (Entwerfen, Stadt und Landschaft) als Masterstudiengang angeboten.

 

 Dieser Beitrag stammt aus unserem damaligen Projektblog "on2off".